© FC Bayern Football School Qingdao
Seit Anfang Oktober ist er hier, der neue Trainer an der FC Bayern Football School in Qingdao. Im Gespräch mit Dominik Voglsinger fallen bestimmte Worte immer wieder: Gestalten etwa und Nachhaltigkeit. Die Fußballschule soll ein noch lebendigerer Ort sportlicher Begegnungen werden, eine Keimzelle, von der aus Begeisterung für den Ballsport in die Gesellschaft getragen wird.
Für Dominik Voglsinger war es ein relativ langer Weg nach Qingdao. Schon vor einiger Zeit wurde er gefragt, ob er nicht Interesse habe, als Trainer an der FC Bayern Football School in Qingdao zu arbeiten. Ein verlockendes Angebot für den demnächst 42 Jahre werdenden Wiener, der mit 25 seine Fußball-Karriere verletzungsbedingt beenden musste, dann viele Jahre als Trainer gearbeitet hatte, zuletzt aber schon drei Jahre nicht mehr „auf dem Platz eine Mannschaft betreut“ hat. Als ihn die Anfrage aus der Shanghaier Vertretung des FC Bayern erreichte, war er seit drei Jahren Sport- und Fußballlehrer an einem Bundesrealgymnasium in der österreichischen Hauptstadt.
Ausschlaggebend für seine Entscheidung, die Offerte nicht auszuschlagen, sei vor allem gewesen, dass die Chemie mit dem Team in Shanghai und Qingdao gestimmt hat. Ein Team, das gewillt ist, etwas zu bewegen, an einem Strang zu ziehen, um das Projekt Fußballschule voranzubringen. Gemeinsam. Kein „Kampf gegen Windmühlen“, wie es der Trainer sagt.
Vom Kindergarten bis zu den Hochschulen
Die Pandemie hat dann den Start verzögert. Seit Anfang Oktober dieses Jahres ist Dominik Voglsinger nun endlich in Qingdao, mit viel Elan und voller Tatendrang, angetrieben von einer „Aufbruchstimmung“, die er gespürt habe, als er ankam. Er wurde dringend erwartet.
Während wir durch das große, eine glänzende Leere ausstrahlende Bürogebäude der Fußballschule gehen, sagt der Trainer, er wolle sie mit Leben erfüllen. Mit sportlichen Leben. Quirliges Treiben stellt er sich vor. Austausch. Diskussionen. Im Interesse der Sache. Es reiche nicht aus, hier und da einen Fußballfunken zu zünden, die Begeisterung für den Sport müsse systematisch, kontinuierlich und nachhaltig entwickelt werden. Strukturen will Dominik Voglsinger aufbauen, die ein nachhaltiges Arbeiten ermöglichen. Dazu gehörten neben den bereits regelmäßig durchgeführten Kursen für Nachwuchsfußballer und Trainer sowie den im Ökopark ausgetragenen Tournieren enge Kontakte zu den hiesigen Bildungseinrichtungen, „vom Kindergarten bis zu den Hochschulen“. Dazu gehört auch die Intensivierung der Kooperation mit dem örtlichen Fußball-Verband. Ein erstes Coaching-Event hat gerade stattgefunden. Inspirierend sei es gewesen und Spaß habe es gemacht.
Der Mann aus Wien sagt von sich, stur zu sein, wenn er Ideen, von denen er überzeugt ist, umsetzen will. „Diese Sturheit brauche ich hier auch.“ Das hat er in der kurzen Zeit schon verstanden, ohne es despektierlich zu meinen. Er betont, es gehe nicht um sein Ego und schon gar nicht um „seine“ Ziele, sondern um „unsere“ Ziele, die Ziele des gesamten Teams. Sich gegenseitig respektierend, in der Sache hart, aber sachlich diskutieren, nur so ließen sich Lösungen finden, die für alle akzeptabel sind.
Aus der Ruhe lasse er sich nicht bringen, wenn es hier und dort „zwei Schritte voran- und dann wieder einen zurückgeht“. Ganz zu vermeiden werde dies auch künftig nicht sein, ist er sich sicher, aber es könnten Prozesse entwickelt werden, die es erlaubten, seltener einen Schritt zurückzugehen. Sich weniger in endlosen Diskussionen verlieren, dafür gezielter agieren – das ist das Credo des Trainers. Mit Geduld Ideen durchsetzen, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. So habe er bisher gehandelt, so will er es auch in Qingdao halten. „Es geht ausschließlich um die Kinder und Jugendlichen“, sagt er und ergänzt: „Am wohlsten fühle ich mich auf dem Fußballplatz.“
In Qingdao schon heimisch
In Qingdao sich einzuleben, sei ihm und seiner Frau nicht schwergefallen. Das chinesische Team der Fußballschule und die Verantwortlichen im Deutsch-Chinesischen Ökopark haben dafür gesorgt, dass keine Einsamkeit aufkommt. Und dann das Meer. Beide sind Segelfans, am Wasser groß geworden. In der Freizeit zieht es den Trainer und seine Frau an die langen Strände und Uferpromenaden. Sie können es fast nicht erwarten, dass es wärmer wird, um sich ein Boot zu mieten und in See zu stechen. „Neben der Arbeit gibt uns dies zusätzliche Energie.“
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Die benötigt Dominik Voglsinger auch bei einem anderen Vorhaben. Um dichter dran am lokalen Geschehen und nicht nur auf Dolmetscher angewiesen zu sein, will er Chinesisch lernen. Als wir die Fußballschule verlassen, laufen wir an einer Tafel vorbei, auf der „三对三“ steht, „Drei zu Drei“. „Das sind die ersten Schriftzeichen, die ich geschrieben habe“, sagt der Trainer. Nicht ohne Stolz. • Peter Tichauer
Der Artikel erscheint Ende Dezember in "China insight" 4/2022.