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Start-up-Feeling und Gestaltungsmöglichkeiten – Gespräch mit Daniel Freundt

2022-11-28 10:38 Ökopark

Start-up-Feeling und Gestaltungsmöglichkeiten


© pt


Er ist noch keine Dreißig und hat die „Chance seines Lebens“. „So etwas bekommst Du nicht alle Tage geboten“, sagt Daniel Freundt mit leuchtenden Augen und einem entwaffnenden Lächeln. Seit einem knappen halben Jahr ist er in Qingdao bei ElringKlinger Engineered Plastics Technischer Manager und Apllication Ingenieur. In einem jungen Team ohne strenge Hierarchien, betont er. Die „Open-Door-Kultur“ böte die Möglichkeit, zu gestalten und „nach links und rechts zu schauen“. Ein „Job, der täglich neue Herausforderungen bietet“, sei es. Sich diesen zu stellen, macht dem jungen Mann sichtlich Freude.


Chinesische Kunden sind schnell


ElringKlinger ist einer der deutschen Hidden Champions, die sich im Deutsch-Chinesischen Ökopark Qingdao angesiedelt haben. Hergestellt werden Dichtungen, Konstruktionselemente, Baugruppen und Module aus Hochleistungskunststoffen, die in der Medizin, in der Automobilindustrie und anderen Branchen eingesetzt werden. Abnehmer sind Kunden in China, aber auch in Japan und Korea, jüngst auch in Indien.


Derzeit ist das Unternehmen dabei, kräftig zu investieren, die Kapazitäten auszubauen. Daniel Freundt reizt es, „dabei sein zu können, wenn etwas neu aufgebaut wird“. Von einem „Start-up-Feeling“ spricht er und sagt, es gehe in erster Linie um die Erweiterung der Produktionskapazitäten. Eine Schlussfolgerung aus den vergangenen zwei-drei Pandemie-Jahren sei dies, als Lieferketten nicht immer reibungslos funktionierten. ElringKlinger folgt der Devise, noch stärker „in China für China“ zu produzieren, eine Forderung, die, so Daniel Freundt, auch von den chinesischen Kunden zunehmend gestellt wird. Dazu erwarteten sie einen kompetenten Kundendienst, „möglichst sofort und nicht erst übermorgen“. „Chinesische Kunden sind generell sehr schnell.“ Das hat der Ingenieur schnell gelernt. Um darauf reagieren zu können, dazu werden in dem neuen Werk zusätzliche Prozesse integriert. Vor allem soll aber das angewandte Engineering soll verstärkt werden. „Wir wollen uns hier zu Produktspezialisten entwickeln. Ob es irgendwann auch eine eigene Entwicklung im klassischen Sinne geben wird, das werde davon abhängen, wie sich der Bedarf entwickelt.


Großer Schritt in die weite Welt


In Karlsruhe geboren und aufgewachsen ist Daniel Freundt. Dort hat der 26-Jährige eine Ausbildung zum Industriemechaniker gemacht und Maschinenbau studiert und bei ElringKlinger in Bietigheim-Bissingen sein Werkspraktikum absolviert.


Nachdem er seinen Studienabschluss in der Tasche hatte, stand die Frage: „Wie weiter?“ Die künftige Arbeit sollte Spaß machen, aber auch fordern. Vieles habe er sich vorstellen können, erzählt Daniel Freundt, gleichzeitig auch feststellen müssen, so manch eine Stellenbeschreibung sehe auf dem Papier zwar verlockend aus, „schienen mir dann aber doch nicht so ausfüllend zu sein“. Schließlich habe er sich für eine Zweigleisigkeit entschieden und sich bei ElringKlinger für zwei Positionen beworben: Vertrieb und technische Entwicklung. Als Werksstudent hatte er in dem Unternehmen ja „schon einen Fuß“. Kurz darauf meldete sich der ElringKlinger-Entwicklungsleiter mit einem Angebot, das Daniel Freundt „erst einmal tief einatmen“ ließ, wie er es formuliert. Vertrieb und technische Entwicklung miteinander zu verbinden, wurde ihm offeriert … und zwar in China. „Drei Jahre – das ist schon ein großer Schritt.“ Lange überlegt habe er dann aber nicht, denn ihm sei bewusst geworden, eine solche Chance biete sich vermutlich nicht alle Tage. Vorgestellt habe er sich eine Aufgabe, die ihn fordert, und bei der er gleichzeitig gefördert wird. „Das war das Angebot.“ Also Einarbeitung. Dann ab ins Flugzeug nach Qingdao.


Die Frage, mit welchen Erwartungen er nach China gekommen ist, beantwortet er schlicht: „Mit keinen konkreten.“ Er habe sich selbstverständlich informiert, vertraut gemacht, auch mit seinem Vorgänger gesprochen. Grundsätzlich wollte „ich mir ein eigenes Bild machen, völlig unvoreingenommen.“ Und er wollte sich auf seine berufliche Entwicklung konzentrieren.


In Huangdao, der West Coast New Area von Qingdao, hat Daniel Freundt eine Wohnung, die er sich nach seinen Vorstellungen eingerichtet hat. „Wohlfühlen will ich mich zu Hause.“ Recht hat er, denn es sind Jahre seines Lebens, die auch durch privates Wohlfühlen geprägt sein sollen. Nicht weit vom Meer wohnt Daniel Freundt. „Morgens am Strand, nachmittags in den Bergen, abends in einer gemütlichen Bar“, strahlt er. „Wo andere Urlaub machen, arbeiten und leben zu können, das ist schon ein Privileg.“ Einziges Hindernis sei die Sprachbarriere. Chinesisch zu lernen, stelle er sich nahezu unmöglich vor. Wenn er sich aber eingelebt und im Job richtig Tritt gefasst hat, will er es in Angriff nehmen und sich Grundkenntnisse aneignen.


Ansonsten stelle er keinen großen Unterschied zu Deutschland fest: „Es ist nur alles viel größer.“ In Qingdao erlebe er erstmals ein „Großstadt-Feeling“, sagt er. „Da, wo ich herkomme, ist alles flach, viele Wiesen haben wir, Wälder, und wir haben auch nicht so große Einkaufszentren. Ganz zu schweigen von den Hochhäusern.“


Begeisterung ist zu spüren. Doch Daniel Freundt sagt ebenso klar: „Nach drei Jahren ist Schluss.“ Heimat sei für ihn dort, wo die Familie und die Freunde sind. • Peter Tichauer


Der Artikel erscheint in "China insight", 4/2022 , die Mitte Dezember in Druck geht.

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