© Group Schumacher
Lange Zeit haben Chinas Landwirte viel zu wenig in Technik investiert. Inzwischen ist die Modernisierung der Landwirtschaft strategische Aufgabe – spätestens seit der Veröffentlichung des Programms „Made in China 2025“ ist das so. Davon wollen Komponentenhersteller wie die Group Schumacher aus Rheinland-Pfalz profitieren. Mit der Gründung der Group Schumacher East Asia 2018 in Qingdao hat das Traditionsunternehmen das Chinageschäft auf neue Füße gestellt. Künftig könnten für den lokalen Markt Komponenten näher am Kunden produziert werden.
„Wenn wir besser sind, können wir auch teuer sein“, sagt Wang Peng. Der Geschäftsführer der Schumacher (Qingdao) Agricultural Equipment Co., Ltd. bringt mit diesem Satz gleich zwei Wahrheiten auf den Punkt: Einerseits muss sich sein Unternehmen einer wachsenden lokalen Konkurrenz stellen, die den nicht unbedingt im Wohlstand schwelgenden Landwirten Komponenten für Landmaschinen – Mähdrescher und Ballenpressen vor allem – deutlich billiger anbietet. Andererseits hat die chinesische Regierung spätestens seit der Veröffentlichung des „Made in China 2025“-Programms die Modernisierung der Landwirtschaft als strategische Aufgabe formuliert. Die Agrarproduktion soll effizienter werden, verlustarmer und moderner. Und sie soll sich auf Technik stützen, die hohen Ansprüchen einer modernen Feldbearbeitung entspricht. Das bedeutet, die Anforderungen an Komponenten steigen, damit Maschinen nicht nur präziser arbeiten, sondern auch weniger wartungsanfällig sind und eine längere Lebensdauer haben. Unternehmen, die dem entsprechen und Qualität anbieten, können auch höhere Preise auf dem Markt durchsetzen. „Made in Germany“ ist ein zusätzlicher Pluspunkt. Dazu „Made in China 2025“. „Die Strategie eröffnet uns gute Chancen“, meint Wang Peng, der sich das ehrgeizige Ziel gesetzt hat, sowohl bei Komponenten für Ballenpressen als auch für Mähdrescher eine führende Position auf dem Markt zu erreichen. Derzeit steuert der chinesische Markt gut zehn Prozent zum Gesamtumsatz der Gruppe bei, die neben dem Europa-Headquarter auch in beiden Amerikas und Russland Tochtergesellschaften hat.
Wang Peng sagt, obwohl eine funktionierende Landwirtschaft für die Ernährung der Bevölkerung von entscheidender Bedeutung ist, sei sie viel zu lange als „Stiefkind“ behandelt worden, zumindest bei der Mechanisierung der Produktion. Dabei begann Chinas wirtschaftliche Aufholjagd Ende 1970er-Jahre mit den Reformen in der Landwirtschaft, die zu einer schnellen Entspannung bei der Lebensmittelversorgung und schließlich zur Überwindung von Hunger geführt hat. „Die Autoindustrie hatte da einen besseren Stand“, schätzt Wang Peng ein. In moderne Technologien wurde gezielt investiert, selbst Trends wurden gesetzt, die globale Ausstrahlung hatten, wie etwa der Durchbruch im Bereich alternativ angetriebener Fahrzeuge. Bei der Landtechnik war es lange Zeit anders. Das Einfache und vor allem Preiswerte hatte Priorität. Autos haben sich in erster Linie die Städter mit viel Geld gekauft. Prestigeobjekte. Die Bauern müssen sich dagegen nicht selten strecken, um über die Runden zu kommen. Kein Wunder, dass „Low-Budget Maschinen die Wahl sind“. Dabei soll es nach dem Willen der Regierung nicht bleiben. Wang Peng beobachtet nicht nur das Bestreben, auf den Feldern modernere Maschinen einzusetzen, sondern auch Kooperativen zu bilden. Das habe nicht nur etwas damit zu tun, dass größere Flächen, insbesondere in den nördlicheren Provinzen, effizienter und professioneller zu bewirtschaften sind, sondern auch mit schwindenden Arbeitskräften auf dem Land. „Die Jugend wandert ab, weil das Leben in den Dörfern weniger attraktiv ist.“ Die Modernisierungs- und Erneuerungsbestrebungen auf dem Lande könnten auch dazu führen, junge und gut ausgebildete Menschen wieder zurück in die Dörfer zu bringen.
Vom Vertrieb zur Fertigung
Der Hidden Champion aus dem rheinland-pfälzischen Eichelhardt, der weltweit OEM-Hersteller von Landmaschinen beliefert – Schneidekomponenten für Mähdrescher und Schlüsselkomponenten für Ballenpressen sowie sogenannte Grünlandtechnik – hat 2018 in Qingdao seine chinesische Tochtergesellschaft gegründet, die, wie Wang Peng sagt, „im Januar 2019 live gegangen ist“ und inzwischen mehr als eine Handvoll Mitarbeiter beschäftigt. Zuvor war der Hersteller fast zwei Jahrzehnte über Handelsagenten in China aktiv. Dass 2020 die Corona-Pandemie den sprichwörtlichen „Strich durch die Rechnung“ machen könnte – zum Zeitpunkt der Geschäftseröffnung war das nicht zu ahnen. Ganz so sei es auch nicht gewesen. Die Schwierigkeiten zeichneten sich erst mit dem Beginn des Shanghai-Lockdowns ab Ende März dieses Jahres ab, der die innerchinesischen Lieferketten weitgehend zum Erliegen gebracht hat, so Wang Peng, der im Saarland Maschinenbau studiert und insgesamt mehr als eineinhalb Jahrzehnte in Deutschland gelebt und gearbeitet hat. Mit Schumacher-Vertriebsleiter Arno Dittmar, der mit dem Gedanken des Aufbaus einer China-Niederlassung „schon länger schwanger ging“, wie es so schön heißt, war es gleich beim ersten Kennenlernen wie „Vertrauen auf den ersten Blick“, erzählt Wang Peng: „Es war, als ob wir uns gesucht und gefunden hätten.“ Für den gebürtigen Qingdaoer, der nach neuen Herausforderungen suchte und „mal wieder sehen wollte, wie das Leben daheim ist“, war es eine gute Fügung, dass Qingdao als Standort geplant war, für den nicht nur das Flair zwischen Meer und Bergen und das in China einzigartige europäisch geprägten kulturelle Erbe sprach. Shandong ist ein landwirtschaftliches Schwergewicht. Eine Reihe internationaler Hersteller produziert in der Provinz. Gleichzeitig ermögliche die Lage, andere für Chinas Landwirtschaft bedeutende Provinzen gut zu erreichen. Qingdao als „Epizentrum“, von dem aus der chinesische und der ostasiatische Markt erfolgreich erschlossen werden kann. Der Deutsch-Chinesische Ökopark, in dessen German Enterprise Centre die Firma ihren Sitz hat, bietet eine gute Infrastruktur, die es gerade kleineren Unternehmen erlaubt, klein anzufangen und schrittweise zu wachsen.“
© Group Schumacher Sollten wieder einfacher einreisen können: Die Schumacher-Techniker aus Deutschland.
„Wir sind gekommen, um hier zu bleiben“, sagt Wang Peng als Antwort auf Diskussionen unter ausländischen Unternehmen, infolge der anhaltenden chinesischen Null-Covid-Strategie die Zelte im Land abzubrechen. Im Gegenteil: Covid habe für Schumacher sogar als eine Art Beschleuniger gewirkt, schneller daran zu gehen, neben der Markterschließung und dem Vertrieb, Produktionskapazitäten aufzubauen. Auch weil Transport- und
Logistikkosten deutlich gestiegen sind.
Wang Peng ist mit den vergangenen mehr als drei Jahren zufrieden. Sein Team ist gewachsen. Und im vergangenen Jahr konnte er gegenüber 2020 ein 20-prozentiges Wachstum des Geschäftsumsatzes bilanzieren. „In diesem Jahr sind wir nicht ganz im Plan“, sagt er, etwa auf dem Niveau von 2020, das „aber auch ein ganz ordentliches war“.
Im Bereich der Ballenknoter hat Schumacher mit der Marke rasspe bereits eine führende Marktposition, „die wollen wir auch bei den Schneidekomponenten erobern“, umreißt Wang Peng das Ziel. Selbstverständlich müssen sich Zulieferer wie Schumacher auch auf die Produktionsbedingungen und die Bedürfnisse der Landwirte einstellen. Die unterschiedlichen Feldgrößen beispielsweise. Im Süden sind sie eher klein und zerstückelt, Richtung Norden werden sie größer. Deshalb wünscht sich der Qingdao-Niederlassungsleiter nichts sehnlicher, als dass „seine“ Techniker leichter ins Land kommen können, um mit den Landwirten gemeinsam an Lösungen zu tüfteln. Sozusagen an der „Graswurzel“ zu erfahren, was sie benötigen, und wie sie die Produkte zu Konditionen erwerben können, die sie sich leisten können. Auch darauf komme es an. „Für unsere Kunden ist noch immer ‚Geld‘ das Schlüsselwort.“ Seit fast drei Jahren ist es nahezu unmöglich, dass die Techniker in China einreisen können. Es wäre aber eine wesentliche Voraussetzung, um das Geschäft in bestehenden Feldern auszubauen und neue Bereiche zu erschließen. Peter Tichauer
Der Artikel erscheint Ende Juni in "China insight" 2/2022.