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Unternehmergespräch mit Robert Quan: Es ist wie Schriftzeichen auf ein weißes Blatt zu schreiben

2022-04-29 10:09 Ökopark


@ privat



Wir treffen uns in der provisorischen „Werkstatt“. „Ende des Jahres beginnen wir mit der technischen Ausstattung unserer Fabrik“, sagt Robert Quan und blickt hinüber zur Baustelle gleich nebenan. Im Juni 2021 wurde der Grundstein für das Werk gelegt, das die österreichische BWT Holding GmbH gemeinsam mit ihrem Qingdaoer Joint-Venture-Partner Haier baut, um Spitzentechnologie zur Aufbereitung von Trinkwasser für den chinesischen Markt herzustellen, das den weltweit höchsten Qualitätsstandards entspricht.


Ein wenig wie Start-up-Flair


Robert Quan, waschechter Wiener mit chinesischen Wurzeln, ist als Industrial Engineering Manager für die technologische Ausstattung verantwortlich. Er entwickelte das Konzept für den Aufbau der gesamten Produktionskette, angefangen von der Projektierung und Auswahl der geeigneten Lieferanten bis hin zur technischen Umsetzung und Qualitätssicherung. In einem neu entstehenden Werk etwas von Null gestalten zu können, das sei die Herausforderung, die ihn gereizt habe. „Die Chance, ein neues Unternehmen mit aufzubauen“, sagt der Dreißigjährige, „die bekommst Du nicht oft.“ Seine Augen leuchten bei diesem Satz, dem er eine typisch chinesische Sentenz folgen lässt: „Hier kann ich auf einem Blatt weißen Papier eigene Schriftzeichen hinterlassen.“ Es sei dieses „Start-up-Flair“, das ihn fasziniere, sagt Robert Quan, und der Raum, gestalten zu können. „In vielen großen Firmen sind da die Planken strenger vorgegeben.“


© Gao Yingjun Am 22. Juni 2021 wurde der Grundstein für das BWT-Haier-Joint-Venture gelegt.


Damit sagt er selbstverständlich nicht, Standards gebe es keine. Im Gegenteil. Bei BWT, was nichts anderes als die Abkürzung für „Best Water Technologies“ ist, lautet das Motto „Für dich und den blauen Planeten“. Mit anderen Worten, es sollen Geräte – in erster Linie für private Haushalte – produziert werden, die es den Verbrauchern erlauben, Leitungswasser zu zapfen, so sauber, dass es die Qualität der besten Mineralwasser aus dem Supermarkt übertrifft. Den Einwand, es liege doch in den Genen der Chinesen, Wasser abzukochen, will Robert Quan nicht ohne Weiteres akzeptieren. „Gesundheit, gesunde Ernährung ist für Chinesen sehr wichtig. Spätestens seit dem Milchpulverskandal vor etwa zehn Jahren sind die Verbraucher noch sensibler geworden.“ Wasser würde sicherlich auch künftig nicht direkt aus der Leitung getrunken, sondern abgekocht werden, „weil warmes Wasser für den Körper gesünder ist“. Das heiße nicht, dass die Menschen in China nicht auch daran interessiert sind, dass reines und qualitativ gutes Wasser durch die Leitungen fließt. An dieser Stelle formuliert Robert Quan einen „Lehrsatz“: Der chinesische Markt biete europäischen Unternehmen nach wie vor interessante Möglichkeiten. Nur müssten die Europäer zu erkennen lernen, was im chinesischen Markt gewollt wird. „Das ist nicht immer das, was wir meinen, dass es ist.“


"Es gibt zu oft noch einen Unterschied zwischen dem, was der Markt will, und was wir meinen, dass es der Markt will."


Robert Quan hat am Imperial College in London Maschinenbau studiert und ist nach dem Studium „irgendwie im Autobau gelandet“, da „wo die Funken sprühen“. Bei einem namhaften Autobauer in den britischen Midlands. „Eigentlich hat es mich aber nach China gezogen, denn mir war klar, wenn sich etwas bewegt, dann ist es dort.“ Vor allem in der Produktion. Als sich 2017 die Gelegenheit bot, für den Autobauer in Suzhou ein Motoren-Joint-Venture mit Chery aufzubauen, hat Robert Quan nicht lange gezögert. Ein Jahr später hat er seinen Wohnsitz nach China verlegt. Seinen „Lehrsatz“ belegt er mit einem Beispiel des britischen Autobauers. Es ging darum, einen SUV auf den chinesischen Markt zu bringen. Zur Auswahl standen eine kleinere und eine größere Version. Das heimische Management habe dann für die kleinere Variante plädiert. „Das war ein Flop“, so Robert Quans trockener Kommentar.


Zwischen Kulturen vermitteln


Wer sich im Markt durchsetzen wolle, müsse sich auf die Kultur einlassen und sich von der Idee verabschieden, wer nicht handele wie wir, also die westlichen Länder, handele falsch. „Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß, und auch nicht nur ganz links oder ganz rechts.“ Er selbst, Europäer und Chinese in einem, sieht sich als Mittler zwischen beiden Kulturen, auch den Geschäftskulturen. In den Beziehungen fehle auch nach mehr als 40 Jahren florierenden Geschäfts in und mit China oft das Verständnis für den anderen und die ein oder andere Entscheidung, die dem Partner als „Marotte“ erscheinen mag. Respekt füreinander sei ebenso wichtig wie das Zuhören und die Bereitschaft, sich auf den Partner ohne Vorurteile einzulassen. So musste Robert Quan der Geschäftsführung in Österreich erklären, warum die chinesischen Partner „entgegen allen Regeln der Vernunft“ darauf bestanden, die Eingangstür „nur hier und an keiner anderen Stelle“ zu planen. Des Rätsels Lösung war das „Fengshui“, das zu beachten die Haier-Manager als wichtig erachteten. Im Unternehmen sollte das „Qi“ ungehindert fließen können. Die „positiven Energien“. Daran ist auch den Chefs in Österreich gelegen, denen, wie Robert Quan mit Hochachtung feststellt, Harmonie mit den Partnern ein hohes Gut ist. Gerade in den derzeit zur „neuen Normalität“ gewordenen Online-Meetings kann es hier und da mal zu Missverständnissen kommen. Da ist es gut, dass Robert Quan in beiden Kulturen zu Hause ist, erklären und vermitteln kann.


Das Joint-Venture mit Haier bezeichnet er als „Win-Win-Vorhaben“. Im Produktions-Joint-Venture haben die Österreicher die 51-Prozent-Mehrheit, während beim Vertriebs-Joint-Venture Haier 51 Prozent hält. Für Haier ist die BWT-Technologie eine attraktive Ergänzung der Produktpalette rund um das intelligente Heim. Und BWT kann sich auf die starken und inzwischen ebenso smarten Vertriebsstrukturen des Partners stützen, um die Marktposition weiter auszubauen. Im High-End-Segment, wie Robert Quan betont. Wettbewerb gebe es zunehmend. Behaupten könne sich BWT nur mit Spitzentechnologie in Spitzenqualität.


Qingdao: Gut, um eine Familie zu gründen


Für das BWT-Haier-Vorhaben ist Robert Quan vor knapp zwei Jahren nach Qingdao gekommen. Wie lange er bleiben will, das lässt er offen. „Mit der Übergabe der Fabrik wird meine Aufgabe nicht abgeschlossen sein“, sagt er. Es soll noch ein Forschungs- und Entwicklungszentrum aufgebaute werden und nach dem Anlaufen der Produktion wird es darum gehen, Komponenten zu lokalisieren, die Supply Chain schrittweise nach China zu verlagern. Robert Quan lässt es offen, wie lange er in Qingdao bleiben wird, erwähnt seine Freundin und seine beiden Katzen in Shanghai. Qingdao sei „etwas anders“ als die Huangpu-Metropole, doch „sehr gemütlich.“ Die Stadt mit dem vielen Grün und den weiten Stränden „ist gut, eine Familie zu gründen“. Klar ist: Seine Zukunft sieht der Österreicher eher in China als irgendwo in Europa, auch wenn er „hier g‘scheites Brot“ vermisst. Shanghai, Suzhou, Qingdao ... alles ist möglich. Peter Tichauer


Der Artikel erscheint Ende Juni in "China Insight" 2/2022.

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