Im Ökopark getroffen: Peng Ying
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Mehr als eineinhalb Jahrzehnte ist es her. Peng Ying wollte in einer kleinen deutschen Buchhandlung einen Kalender kaufen, „weil die Fotos wirklich schön waren“. Klar, ihr war aufgefallen: Es war ein Kalender vom Vorjahr. Sie wollte ihn haben. „Die Verkäuferin vergewisserte sich mehrmals, ob ich es Ernst meine“, erinnert sich die junge Frau und fügt an: „Das hat mir zum ersten Mal die Augen geöffnet.“ Deutsche und Chinesen hätten unterschiedliches Geschäftsgebaren. Ein chinesischer Buchhändler würde „auf Teufel kaum raus“ an das „Geld machen“ denken, meint Peng Ying. „Deutsche denken und handeln anders.“ Sympathisch sei das.
Die gebürtige Qingdaoerin mit dem einnehmenden freundlichen Lächeln hat der berühmte Zufall nach Deutschland und zur deutsch-chinesischen Zusammenarbeit gebracht. „Ich wollte unbedingt Medizin studieren.“ In Mathematik und Physik habe sie aber bei der Gaokao (高考), der gefürchteten Hochschulaufnahmeprüfung, „versagt“. Trübsal blasen, das war nicht ihr Ding. Eher wollte sie ihren Horizont erweitern. Der nächste Flieger nach Deutschland war ihrer.
Nach Hause zurückgekehrt, habe der Vater bereits einen Plan für ihre Zukunft geschmiedet. Peng Ying lacht. „Maschinenbau – da hast Du die besten Zukunftschancen“, so habe er befunden. Die Tochter hat sich darauf eingelassen. Die Kooperation der Qingdao-Universität für Wissenschaft und Technik mit der Universität Paderborn war zusätzliche Motivation, dem väterlichen Rat zu folgen. Drei Jahren Grundstudium in Qingdao folgten sechs Jahre im „kleinen und beschaulichen“ Paderborn. Nach dem „sehr traditionellen“ und „wenig Freude bereitendem“ Studium in Qingdao habe sie das angewandte Lernen fasziniert, „das fordert, den Kopf anzustrengen und Lösungsansätze zu finden“.
Mit ihrem Master-Zeugnis in der Tasche habe Peng Ying die Möglichkeit gehabt, bei deutsch investierten Unternehmen im Jangtsedelta zu arbeiten. Auch im sogenannten „German Valley“ Taicang. „Ich wollte aber nach Hause“, erklärt sie, „sonst hätte ich ja auch in Deutschland bleiben können.
Als Maschinenbau-Ingenieurin habe sie in ihrer Heimatstadt allerdings wenig attraktive Unternehmen gefunden, in denen sie ihr Können hätte zeigen können. Dafür aber den Deutsch-Chinesischen Ökopark, wo, wie sich herausstellte, viele Bekannte aus ihrer „deutschen Zeit“ arbeiteten. Zunächst war sie in der Gesellschaft für Sport und Kultur beschäftigt, die, wie es scheint, für die Besten der Besten im Ökopark das Sprungbrett für die weitere Entwicklung ist.
Die Gesellschaft für Industrieentwicklung, ein anderes Tochterunternehmen der Sino-German United Group des Ökoparks, bot Peng Ying vor jetzt vier Jahren die Chance des nächsten Schritts. Zurückblickend sagt sie, einen regelrechten „WOW-Effekt“ erlebt zu haben, als sie dort zu arbeiten begann. Als Staatsunternehmen sei die Firma „eben ein Staatsunternehmen“, wählt sie sorgfältig ihre Worte. Gleichzeitig herrsche aber ein „sehr deutscher Arbeitsstil“. Das biete Entfaltungsmöglichkeiten.
Mit Maschinenbau habe sie allerdings nichts zu tun. Für die Importe und den Vertrieb deutscher Markenbiere ist sie verantwortlich und setzt alles daran, „deutschen Brauereien zu helfen, die Herzen der chinesischen Verbraucher zu erobern“. Dazu gehöre auch, die Brauereien zu unterstützen, geeignete Strategien für den chinesischen Markt zu entwickeln. „Deutsches Bier“ an sich verkaufe sich gut, was nicht unbedingt heiße, „dass es auch wirklich deutsches Bier ist“. Deutsch müsse der Gerstensaft sein, aber auch nicht zu teuer. „Ein als ‚deutsch‘ daherkommendes ‚Kaisarking‘ ist eben billiger als ein echtes ‚Krombacher‘.“
So langsam komme sie auf den Biergeschmack, schmunzelt Peng Ying, die davon profitiert, sowohl die deutsche als auch die chinesische Seele gut zu kennen. Der Bierumsatz ihres Unternehmens auch. Peter Tichauer
Der Artikel erscheint in der kommenden Ausgabe "China insight". Ende Juni 2021 liegt sie bei Ihnen auf dem Tisch.