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Deutsch-Chinesische Berufsschule Westküste in den Ökopark umgezogen
Weitläufig ist der Campus. Modern gestaltete Gebäude. Lichtdurchflutete Flure. Im Hintergrund Hügel. Im Hof ein künstlich angelegter See, der aus aufbereiteten Abwässern gespeist wird. Die chinesische Redensart kommt dem Besucher in den Sinn, wonach sich Berge und Seen zu einer malerischen Landschaft zusammenfügen, die das Auge erfreut. Das spielt sicherlich auch eine Rolle bei der Gestaltung des neuen Geländes der Deutsch-Chinesischen Berufsschule Westküste: Stimmt das Umfeld, ist der Ansporn, Bestleistungen beim Lernen zu erzielen, umso größer.
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Die Rede ist vom neuen Campus der Berufsschule im Deutsch-Chinesischen Ökopark, südlich der Tuanjie Lu in direkter Nachbarschaft zum Deutsch-Chinesischen Campus der Universität für Wissenschaft und Technik Qingdao gelegen. Die auf eine Kooperation mit der Hans-Seidel-Stiftung zurückgehende Berufsbildungseinrichtung, die vor allem auf die Übernahme von Erfahrungen des deutschen Dualen Systems setzt, ist in den ersten Oktober-Tagen aus Huangdao Downtown in den Ökopark ungezogen. Die Corona-Pandemie hat die Verantwortlichen auf eine offizielle Einweihungsfeier erst einmal verzichten lassen. Im Prinzip läuft ein sogenanntes Soft Opening. Ein kleiner Teil der Schüler wird nach wie vor am alten Standort unterrichtet. In den Räumen des neuen Campus werkeln hier und da noch die Handwerker. So wartet die weitläufige und großzügig gestaltete Bibliothek noch darauf, mit Fachliteratur bestückt zu werden. Auch die Experten von Haier, einem wichtigen Kooperationspartner der Schule, sind noch dabei die Lehrkabinette für den Bereich moderne Kommunikation und intelligenter Alltag einzurichten. Die ABB-Roboter im Robotik-Kabinett sind aber schon installiert und die Schüler „schwitzen“ bereits über ihren Aufgaben.
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Der Umzug in den Deutsch-Chinesischen Ökopark habe zu einer Aufwertung der Berufsschule geführt, erklärt Schulleiter Cui Xiuguang. In der chinesischen Bezeichnung werde es deutlich. Mit dem Umzug in den neuen Campus wurde der Begriff „angewandte Ausbildung“ ergänzt. Das war auch schon am alten Standort ein Credo. Neu ist aber, dass jetzt die in Deutschland üblichen Berufs- und Fachhochschulen unter einem Dach vereint wurden. Das heißt, die „normale“ Berufsbildung, die drei Jahre dauert und zur Hochschulreife führt, kann durch eine zweijährige höhere Fachausbildung aufgestockt werden, die es ermöglicht, ein Fachstudium aufzunehmen. Mehr als die Hälfte der Berufsschüler, die nicht nur aus Qingdao, sondern aus der ganzen Provinz Shandong und zum Teil darüber hinaus kommen, wählt diese Option.
„Angewandt“ bedeutet aber auch, dass im kompletten Ausbildungsprozess mit Unternehmen eng zusammengearbeitet wird. Noch ist Chinas Berufsausbildung weit davon entfernt, dass die Unternehmen wie in Deutschland in die Verantwortung genommen werden und für die Ausbildung ihres Berufsnachwuchses selbst sorgen. Allerdings zielt die vor mehr als einem Jahr in Gang gesetzte neue Berufsbildungsreform-Etappe darauf, dem Arbeitsmarkt nicht nur Experten mit bestem theoretischem Wissen zur Verfügung zu stellen, sondern Facharbeiter, die des Begriffes würdig sind – Arbeiter und Ingenieure, die wissen, wie technische Prozesse in der Realität ablaufen, und die bereit sind, anzupacken und sich dabei auch mal die Hände schmutzig zu machen. Ohne Zweifel gehört dazu auch ideologische Überzeugung, dass mit den eigenen Händen anzupacken keine Schande ist, sondern im Gegenteil ehrt.
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Sechs Schwerpunktbereiche werden an der Berufsschule gelehrt, wobei für jeden Bereich ein eigener Gebäudekomplex mit Lehrkabinetten für die theoretische und Werkstätten für die praktische Ausbildung errichtet wurde. Entsprechend den Zielen der wirtschaftlichen Entwicklung kommt dem gesamten Bereich der intelligenten Fertigung eine besondere Bedeutung zu. Ein zweiter Branchenschwerpunkt ist Automotive und Logistik. Kein Wunder. Qingdao ist eine der führenden Hafenstädte nicht nur in China, sondern in der Welt. Außerdem werden in der Bildungseinrichtungen Kaufleute für internationalen Handel ausgebildet. Die Sprachausbildung – Deutsch und Englisch – nimmt dabei einen besonderen Platz ein. Die Ausbildung von Fachkräften für moderne Dienstleistungen, unter anderem im Gastgewerbe und für Konferenzorganisation, ist ein weiterer Schwerpunkt. Ebenso die Altenpflege. Und mit einem besonderen Bezug zu Deutschland und dem Vater der Kindergärten, Friedrich Fröbel, die Ausbildung von Vorschulerziehern. Das hat auch den Vorteil, dass Mitarbeiter und Anwohner ihren Nachwuchs in einem kleinen und nach deutschem Vorbild gestalteten Kindergarten betreuen lassen können.
Der in seiner ersten Bauphase 80.000 Quadratmeter große Berufsschul-Campus im Deutsch-Chinesischen Ökopark wurde mit Investitionen von 525 Millionen Yuan in den vergangenen drei Jahren gebaut. Für die zweite Ausbaustufe laufen bereits die Planungen. Dafür stehen weitere 60 Mu oder gut 40.000 Quadratmeter zur Verfügung. Peter Tichauer