Herr Schlappner, was hat sich im Deutsch-Chinesischen Ökopark seit der Tagung des Deutsch-Chinesischen Beratergremiums im vergangenen Jahr verändert?
Es wurde weiter intensiv gebaut, das Personal ist professioneller geworden. In der Zusammenarbeit zwischen den Deutschen und den Chinesen sind die Wege kürzer, was nicht zu unterschätzen ist.
Im Ökopark sollen anders als in anderen Gewerbegebieten in China Wohnen und Arbeiten eine Einheit bilden. Wenn Menschen hier wohnen sollen, ist es wichtig, nicht nur attraktive Wohnungen zu bauen, sondern auch ein abwechslungsreiches Angebot für Kultur, Sport und Freizeit zu bieten. Das haben Sie auf den vergangenen Tagungen des Beratergremiums immer wieder ausdrücklich gefordert. Was wurde erreicht?
Der Weg zu einem angenehmen Wohnen ist geebnet. Wer hier wohnt, kann sich hier wohlfühlen. Das ist gegenüber den vergangenen Jahren ein deutlicher Fortschritt. Die Wege zur Arbeit sind kurz. Auch das ist nicht zu verachten. Ebenso, dass es inzwischen eine Grundschule gibt.
Für mich persönlich waren schon die Jahre 2012 und 2013 sehr wichtig. Wo Familien leben, muss es Freizeitangebote geben: Bolzplätze wie wir sie aus Deutschland kennen, kleine Stadien, Sportplätze für die Kinder. Die gibt es hier, so dass eine geregelte Freizeitgestaltung möglich ist und Sport getrieben werden kann. Inzwischen sind wir darüber hinaus und können hier im Ökopark auch Trainer für den Schulfußball ausbilden. Das ist der nächste Schritt. Aber eben auch nur ein Schritt. Das Finale haben wir noch nicht erreicht.
Welche Bedeutung hat eigentlich die Fußballschule im Ökopark, die ja etwas Einmaliges in China ist?
Präsident Zhao Shiyu ist bewusst, dass wir hier nicht das machen können und wollen, was überall in China getan wird. Überall wird versucht, Trainer auszubilden, Agenturen sind dafür unterwegs. Am liebsten würden sie es im Profibereich machen, weil da eine Menge Geld fließt. Das war aber nicht unser Ansatz. Wir haben klar gesagt, ein Angebot entwickeln zu wollen, bei dem rund um das Stadion und auf kurzem Weg erreichbar begleitende Einrichtungen für Rehabilitation, Physiotherapie und Sportmedizin angesiedelt werden. Das ist ideal. Wer hier trainiert und sich dabei verletzt, muss nicht weit weg in eine Klinik zu einem Arzt fahren. Er hat alles hier in Laufweite. Nirgendwo in China gibt es das, nur bei uns hier im Ökopark.
Im Prinzip ist damit ein Traum wahr geworden. In China wird ja derzeit viel vom „Chinesischen Traum“ gesprochen. Was wäre denn Ihr ganz persönlicher Traum für den Ökopark?
Der Ökopark muss für bestimmte Ausbildungsprogramme die Nummer 1 werden. Das können wir, weil wir die besten Dozenten verpflichten, weil wir hier die Anlagen haben und die Möglichkeiten für die Unterbringung. Nicht zu vergessen der Hörsaal, der unmittelbar am Stadion ist. Hier sind sie wieder, unsere kurzen Wege, die es den Auszubildenden, die selbst zu Ausbildern werden sollen, einfach macht, die verschiedenen Stationen zu erreichen.
Herr Schlappner, könnten Sie das konkretisieren. Sie sprechen von „bestimmten Leergängen“. Welche sind das?
Ausbildung von jungen Fußballern und ihren Trainern. Aber auch von Fußballerinnen und Trainerinnen. Wir dürfen doch die Mädchen und Frauen nicht vergessen. Wichtig sind aber auch die Lehrgänge für Physiotherapeuten und Rhea-Spezialisten. Aus Erfahrung weiß ich, dass in früheren Jahren in China Rhea nicht die Bedeutung hatte. Da wurden Fehler gemacht. Nach Verletzungen ist eine professionelle Reha unerlässlich. All diese Lehrgänge meine ich, und sie müssen auf hohem Niveau durchgeführt werden. Selbstverständlich müssen auch Abendveranstaltungen stattfinden, auf denen die Eltern über das Training ihrer Kinder informiert werden und erfahren, dass etwa die Abläufe bei Siebenjährigen anders sind als bei Dreizehnjährigen.
Sie sprechen vom hohen Niveau der Ausbildung, das hier angeboten werden muss. In Deutschland wird allerdings mit Skepsis beobachtet, wenn deutsches Know-how, deutsches Fußball-Know-how nach China gebracht wird. Was sagen Sie dazu?
Die Technik ist heute so gut entwickelt, dass man es sich auch „abgucken“ kann, ohne nach Deutschland zu reisen oder ohne, dass der DFB eine Abordnung hierher schickt. Mir ist aber lieber, dass eine Person persönlich etwas vermittelt, als dass nur ein Memory-Stick geschickt wird, auf dem eine Präsentation zu sehen ist. Das Persönliche ist gerade beim Sport ein ganz wichtiges Element. Der Trainer muss mit dem Einzelnen über Schwächen und Stärken sprechen. Das kann ein Memory-Stick nicht leisten.
Ich finde es wichtig, Wissen in einer Partnerschaft Erfahrungen zu vermitteln. Das hier in China zu tun ist richtig und notwendig. Ein Fundament, wie wir es in Deutschland haben, können wir hier aber gar nicht aufbauen, weil es hier zum Beispiel keine Vereine gibt. In Deutschland haben wir 26.000 Fußballvereine und sechseinhalb Millionen Mitglieder. So ein Fundament muss erst einmal wachsen. Wenn hier Vereine aufgebaut werden sollen, wie wir das in Deutschland kennen, wenn sich Eltern wie Ehrenamtliche engagieren, kann hier viel erreicht werden.
Die Fußballschule im Ökopark ist ein Markenzeichen. Präsident Xi Jinping möchte China zu einer Fußball-Nation machen. In Russland findet gerade die Weltmeisterschaft im Fußball statt – ohne eine qualifizierte chinesische Nationalmannschaft. Glauben Sie, dass aus der hiesigen Fußballschule eines Tages ein chinesischer Fußball-Weltmeister hervorgehen wird?
Wenn Sie einen Spieler meinen, dann bin ich mir sicher, dass unter den 22, die für eine Mannschaft benötigt werden, auch einer, zwei oder drei sind, die unsere Schule absolviert haben. Das wünsche ich mir. Das wäre das Finale einer Aufgabe, von der ich viele überzeugen musste. Denn die Ausbildung sollte ja professionell sein, auf hohem Niveau.
Wenn der Staatspräsident dieses Ziel vorgibt, muss man sich anstrengen. Wir können dabei helfen. Der Ökopark kann dabei helfen, China zu einer Fußballnation zu machen. Im Park gibt es das notwendige Potenzial, wobei wir hier schon vor dem Präsidenten begonnen haben, dieser Idee anzuhängen und etwas dafür zu tun, China zu einer Fußballnation zu machen. Mit dem Schülerfußball zum Beispiel. Wir wollen helfen. Wir können helfen.
Mit Klaus Schlappner sprach Peter Tichauer